Afleveringen

  • Kennt kein Tabu: "Krebs braucht Kommunikation, Information, Austausch und Wissen", sagt Tobias Korenke im turi2 Clubraum. Deswegen engagiert sich der Kommunikations­chef der Funke Medien­gruppe bei der Initiative YesWeCancer. Im Gespräch mit Moderatorin Aline von Drateln und turi2-Chef­redakteur Markus Trantow erzählt er von seinem persönlichen Bezug zum Thema: Als seine Frau an Krebs erkrankte und vor fünf Jahren daran verstarb, habe er gemerkt, wie tabuisiert die Erkrankung noch immer ist. In der Wahrnehmung vieler Menschen sei Krebs "etwas anderes als jede andere Krankheit", weil der Tod "schnell mit im Raum" stehe. Viele seiner Freunde haben sich "wahnsinnig um uns gekümmert", andere zogen sich zurück, "weil sie damit nicht umgehen konnten". Die Erkrankung seiner Frau habe dem Historiker und Publizisten bewusst gemacht, dass Krebs – obwohl eine der relevantesten Krankheiten in Deutschland – noch immer nicht genug Öffentlichkeit bekomme.

    YesWeCancer sieht Korenke vor allem als Möglichkeit für Erkrankte und Angehörige, sich auszutauschen: "Das hilft schon, besser damit umzugehen." Über eine App sprechen derzeit 20.000 Betroffene und Angehörige über Arztsuche, Behandlungen und Neben­wirkungen aber auch über die "emotionale Ebene", etwa die Kommunikation mit den eigenen Kindern. "Natürlich hat man Angst, wenn man die Diagnose bekommt, weil es da sehr schnell um Leben und Tod gehen kann", sagt Korenke. Die werde jedoch nur schlimmer, "wenn die Krankheit mit einem Tabu belegt wird". In dem Moment, in dem Betroffene kommunizieren, sich austauschen und aufgeklärt werden, "wird die Angst schon weniger".

    Außerdem spricht Korenke über seine Arbeit bei Funke, beklagt die mangelnde Digitalisierung im Gesundheits­wesen und erklärt, warum YesWeCancer mit Promi-Testimonials arbeitet. Kommenden Freitag ist um 11 Uhr der ehemalige "Titanic"-Chef­redakteur Moritz Hürtgen zu Gast.

  • Mag den Weg: Zeit-Online-Chef­redakteur Jochen Wegner war in seinem Beruf "noch nie so glücklich wie zur Zeit", sagt er im turi2 Clubraum mit Aline von Drateln und Markus Trantow. Er hat zum ersten Mal das Gefühl, die große Finanzierungs-Frage geknackt zu haben: "Wir können für Journalismus Geld verlangen und das ist total in Ordnung." Werbung sei natürlich ein wichtiges Geschäfts­modell, aber Menschen seien verlässlicher: "Das ist ein Fundament, das kann man gar nicht so schnell kaputt­machen." Besonders positiv sei die Resonanz in den seltenen Momenten, in denen es gelinge, online "eine sekunden­aktuell gemachte Wochen­zeitung" mit Tiefe anzubieten.

    Wegner glaubt, dass die Marke "Zeit" für den Erfolg seines Podcasts "Alles Gesagt" mit Christoph Amend gerade am Anfang "schon wichtig" war: "Wenn wir das ohne 'Zeit' gemacht hätten, wäre das glaube ich versandet oder verschwunden." Heute gebe es eine Art "Grund­vertrauen" gegenüber Podcasts der "Zeit", weshalb die Start­aufmerksamkeit bei neuen Projekten "deutlich besser als früher" sei. "Alles Gesagt" funktioniere, weil die Hosts dank guter Vorbereitung nach "bizarrsten Kleinigkeiten" aus dem Leben von Promis fragen, die oft mit fortschreitender Dauer dann "gerne erzählen".

    Zudem spricht Wegner über seine Faszination für Künstliche Intelligenzen, die Bilder erzeugen, erklärt seine TikTok-Schwäche und verrät, warum Zeit Online die Lesedauer seiner Artikel nicht ausweist. Kommenden Freitag ist Tobias Korenke im turi2 Clubraum zu Gast. Der Funke-Kommunikations­chef engagiert sich bei der Initiative YesWeCancer.

  • Zijn er afleveringen die ontbreken?

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  • Audio-Duo: Es ist "eins der schönsten Gefühle, wenn man sieht, dass ein Podcast vom ersten Moment an funktioniert", sagt Christian Schalt im turi2 Clubraum, der ausnahms­weise schon am Mittwoch­abend und "live on stage" im RTL Audio Center Berlin aufgenommen wurde. Große Hoffnung hat der Geschäfts­leiter der Produktions-Einheit Audio Alliance in jedem Fall für den neuen Fußball-Podcast "Zeigler und Köster" von RTL, in dem "11-Freunde"-Chefredakteur Philipp Köster und Stadionsprecher und Journalist Arnd Zeigler ab nächster Woche wöchentlich die Geschichten hinter den wichtigsten Fußball-Ereignissen und Ergebnissen erzählen. Zur Feier der Veröffentlichung der turi2 edition #19 zum Thema Audio, die gedruckt bei Deutschlands wichtigsten Kommunikations­profis liegt und allen kostenlos als E-Paper zur Verfügung steht, sprechen Moderatorin Aline von Drateln und turi2-Chefredakteur Markus Trantow mit Schalt und der Geschäfts­führerin von RTL Radio Deutschland, Nina Gerhardt, über Radio und Podcast.

    Gerhardt findet nicht, dass die beiden Formate in Konkurrenz zueinander stehen, weil sie unterschiedliche Nutzungs­situationen abdecken. Während das Radio kurz und schnell ist, geht es beim Podcast eher in die Tiefe. "Ich glaube, dass wir uns da prima ergänzen", sagt Gerhardt. Vom "guten alten Radio" möchte sie nichts hören: "Das Radio ist mega modern und cool und vor allen Dingen erfolgreich." Natürlich gebe es neue Sachen wie Podcasts und Musik-Streaming, "aber das Radio ist auf all diesen Wegen dabei" und könne gut auf andere Plattformen übertragen werden. Die Stärke des Radios sieht sie vor allem im Live-Charakter: "Radio hat etwas überraschendes." Zwar seien Podcasts eine "gute Sache", dennoch habe das Format "überhaupt noch nicht die Wirkkraft wie Radio". Gerade die Corona-Pandemie habe gezeigt, "wie nah das Radio an den Menschen ist".

    Lockdowns und Social Distancing haben aber auch die Podcasts auf eine neue Ebene gebracht, findet Schalt. In Deutschland habe die Pandemie als "Promotions-Tool" für Podcasts gedient. Mittlerweile sei das Format ein "echtes Mainstream-Phänomen", das unglaublich wächst "und im Moment sehen wir da auch kein Ende". In einer Zeit und Gesellschaft, in der es schwer ist, Aufmerksamkeit zu bekommen, sei das Marketing zwar wichtig, aber nicht alles. Bei erfolglosen Podcasts sei es ein großer Fehler, zu viel über die Vermarktung anstatt den Inhalt des Podcasts nachzudenken.

    In der nächsten Woche findet der turi2 Clubraum wie gewohnt am Freitag um 12 Uhr statt. Zu Gast ist dann Jochen Wegner, Chefredakteur von Zeit Online und Mitglied der Chefredaktion der Wochenzeitung "Zeit".

  • Trommeln für den Tanker: Marieke Reimann, seit 2021 Zweite Chefredakteurin des SWR, nervt die "fehlende Eigenwerbung" der ARD. Im turi2 Clubraum mit Markus Trantow und Aline von Drateln sagt sie, die ARD mache "so geiles Zeugs" und habe "so viele Leute mit einem starken journalistischen Verständnis", doch sie schaffe es noch nicht, dem Krisenmodus etwas entgegenzusetzen: "Für den Tanker, der wir ja sind, verstecken wir uns manchmal vor unserer eigenen Courage." Sie wünscht sich "mehr Power hinter dem Bollwerk ARD", Kampagnen mit prominenten Testimonials und dass auch hochrangige Vertreterinnen der Rundfunkanstalten in den sozialen Netzwerken stattfinden.

    "Wir sind alle ganz dicht dran an der Krise des RBB und der generellen Identitätskrise der ARD", sagt sie. Die Medien stünden unter einem Generalverdacht, aber die ARD treffe es besonders. Die Mitarbeitenden müssten sich "tagtäglich dafür rechtfertigen, dass es Rundfunkgebühren gibt" und trotzdem nicht alle die Berichterstattung angemessen fänden. Reimann bleibt dennoch optimistisch. Die ARD sieht sie jetzt in der Bringschuld, für mehr Transparenz zu sorgen – und offener für unterschiedliche Perspektiven zu werden.

    Sie forder "mehr Durchmischung", die Einstiegshürden in der Medienwelt insgesamt seien immer noch zu hoch. Sie fordert zum Beispiel andere Auswahlkriterien in den Journalistenschulen, sichtbarere Stellenausschreibungen und bessere Praktikumsvergütungen. Dabei spielt für sie auch ihre ostdeutsche Herkunft eine Rolle – eine Perspektive, die nach wie vor nicht genug vertreten sei. Auch deshalb findet sie ihre Arbeit beim SWR toll – weil sie dadurch die Chance habe, als eine der wenigen ostdeutschen Führungskräfte in westlichen Medienunternehmen eine Vorbildfunktion einzunehmen.

    Als Kind hört Reimann "Radio Lollipop" von Rolf Zuckowski und interviewt ihre Mutter beim Kochen. "Da wusste ich, ich muss irgendwas mit Radio machen", erinnert sie sich. Nach dem Studium arbeitet sie zunächst als Autorin für "Süddeutsche" und "11 Freunde" und baut dann bei der "Zeit" das Jugendmagazin ze.tt mit auf. Als ze.tt zu einem Ressort von Zeit Online wird, nimmt sie sich eine Auszeit und wechselt dann zum SWR.

    "Wir hatten beide kurz so einen Schockmoment, und der hält bis heute an", kommentiert sie mit einem Lachen die enorme Umstellung, die das für sie bedeutet hat. Ihr Alltag sei jetzt strukturiert durch Arbeitsgruppen und Gremien. Es gebe eine sehr hierarchische Struktur, "die man lernen muss einzuhalten". Grundsätzlich findet sie die demokratischen Strukturen gut, aber die langen Dienstwege seien manchmal hinderlich, "weil es Leute davon abhält, selbstständiger zu arbeiten." Viele würden gerne mehr machen, ist Reimann überzeugt. "Aber man traut sich zu langsam."

    In der nächsten Woche findet der turi2 Clubraum schon am Mittwoch, den 12.10. statt. Markus Trantow und Aline von Drateln sprechen live on stage im Audiocenter Berlin mit Nina Gerhardt, Geschäfts­führerin von RTL Radio Deutschland, und Christian Schalt, Geschäfts­leiter der Audio Alliance.

  • Leichtes Herz: Medien-Tausendsassa Micky Beisenherz macht die Leichtigkeit der Ansprache seines Podcasts "Apokalypse & Filterkaffee" als Schlüssel des Erfolgs aus. Gerade angesichts ernster Themen und Lagen "muss man besonders humorvoll sein, sonst hat man den Ernst der Lage nicht verstanden", sagt er im turi2 Clubraum mit Aline von Drateln und Markus Trantow. Beisenherz glaubt daran, dass Podcasts die Welt ein wenig besser machen können, indem sie bei der Einordnung helfen, ablenken, aber auch vor Vereinsamung schützen. Er fühlt sich angetrieben von einem "Werben um Wohlwollen um Diskursfähigkeit".

    Das Medium Podcast biete eine Kraft, die weder TV noch Radio hätten: "Die Hosts sind wesentlich fassbarer", ließen sich in Podcast "durchaus ein bisschen ins Herz schauen" und förderten dadurch ein Gefühl von Nähe. Dass seine Arbeit heute mehr vom politischen Tagesgeschehen geprägt ist, begründet er mit einem "persönlichen Shift". Lange Jahre bei der "heute show" sowie das Schreiben der "stern"-Kolumnen hätten ihn geprägt, wichtig sei aber auch gewesen, dass sein Werk auf Feedback getroffen sei.

    Verärgertes Amüsement kommt bei Beisenherz beim Gedanken an Friedrich Merz und seine Aussage vom "Sozial­tourismus" auf. Er wisse "aus gut informierten Quellen", dass der Ausdruck bewusst als Test­ballon gefallen sei. Beisenherz habe Merz bis dato "für einen guten Oppositions­füher gehalten" und sei nun "ernüchtert". Persönlich favorisiert er die Sozial­demokratie, die er sich nicht von den Sozial­demokraten kaputt machen lassen will.

    Seine Umtriebigkeit auf Social Media begründet Beisenherz mit Geltungs­drang, aber auch mit der "Freude am Droppen von Gedankenfetzen und dem Gucken, was darauf erwächst". Er sei vielbeschäftigt, könne aber auch gut abschalten und nichts tun, doch "aus der Ruhe heraus entsteht der schöpferische Drang, etwas nach außen zu tragen". Ein Workaholic sei er aber deswegen nicht.

  • Setzt auf's richtige Pferd: "Mein Herz schlägt ganz laut und stark für Podcasts", sagt Ina Tenz im turi2 Clubraum. Das Medium nehme neben der Beratung von Radio­sendern und Markt­forschungs-Unternehmen mittlerweile das meiste ihrer Arbeits­zeit in Anspruch. Jahrzehnte­lang war Tenz eine der prägenden Frauen im deutschen Radio, zuletzt als Programm­chefin von Antenne Bayern. Seit 2019 ist sie in der PR-Agentur ABC Communication ihres Ehe­mannes Béla Anda für Audio, Strategie und Content zuständig und hat u.a. den mittlerweile eingestellten Podcast mit Gerhard Schröder, Der fünfte Satz mit Boris Becker und den Tönnies & Tönnies Podcast mitproduziert. Ihre Lieblings­produktion allerdings ist das Format Pferde­medizin heute, verrät Tenz. Denn hier verbinden sich die beiden großen Leidenschaften der Pferde-Züchterin: "Über Pferde kann ich den ganzen Tag reden." Grundsätzlich gefalle ihr die Viel­schichtigkeit, die Podcasts bieten. Ob für Institutionen, Unternehmen oder Persönlichkeiten, sie könne "immer ganz tief ins Thema einsteigen". Anders als beim Radio, wo "inhaltstiefe Themen" keinen Platz finden sollten, seien diese im Podcast genau richtig.

    Positiv nimmt sie wahr, dass die "homöopathischen" Rück­meldungen zu ihren Podcasts "meist neutral, sachbezogenen und konstruktiv" sind. "Ich komme von Massensendern, da ist man Hörer­feedback auf allen Ebenen gewohnt", sagt Tenz. Aus ihrer Zeit beim Radio adaptiert Tenz den "Anspruch, den man an ein gutes Radio­programm hat" auf ihre Podcasts. "Die Vorstellung von Storytelling, Sound, dass kleine Details stimmen müssen, die Sprecher, die Dynamik" – all das sei sowohl in einem guten Radioprogramm als auch in einem Podcast wichtig.

    Trotz der Begeisterung für Podcasts ist Tenz davon überzeugt, "dass es Radio immer geben wird". Die Audiowelt verändere sich drastisch, dennoch "ist Radio noch ein Massen­medium". Als "Tages­begleiter, Anbieter von Stimmen" und leichter Unterhaltung werde es das auch bleiben. "Wenn es um Inhalte, um konzentriertes Zuhören geht, gibt es viele Alternativen", meint Tenz.

    Nächste Woche ist Radio- und TV-Moderator, Autor, Podcaster, Kolumnist und Gag-Schreiber Micky Beisenherz zu Gast – ausnahmsweise bereits am Mittwoch um 12 Uhr.

  • Stimmungs-Managerin: "Die Hörerinnen kommen wegen der Musik, aber bleiben wegen der Menschen", umschreibt Valerie Weber im turi2 Clubraum den Reiz des Mediums Radio in Zeiten von Musikstreaming und Podcast. Für die Programm-Geschäfts­führerin von bigFM, Radio Regenbogen und RPR1 stellt sich nun die Frage, wie sich beides verbinden lässt und daraus etwas neues entsteht. Im Gespräch mit Moderatorin Aline von Drateln und turi2-Chef­redakteur Markus Trantow sagt Weber, dass sich die Bedürfnisse des Publikums ändern: "Das Musik-Happening haben wir nicht mehr dadurch, dass wir Musik spielen." Deswegen brauchen Konsum­marken "eine Mission, für die wir stehen". In den vergangenen Jahren seien statt "Lebens­freude und Selbst­inszenierung" vor allem die Themen "Nachhaltigkeit und Geborgenheit" immer wichtiger geworden. "Stimmungs-Management" sei beim Radio schon immer wichtig gewesen. In gesellschaftlichen Krisenzeiten wachse der Stellenwert aber nochmal. Wenn immer mehr Menschen die Nachrichten meiden, "muss man sich etwas überlegen".

    Weber setzt dabei nicht auf eine Verkürzung der News, auch wenn das ein "völlig legitimer Weg" sei. Im Gegenteil: Bei ihren Sendern Radio Regenbogen und RPR1 stellt sie das Nachrichten-Angebot noch breiter auf. Regionalität und Heimat seien dabei besonders wichtig: "Es interessiert die Menschen mehr, was in ihrem Umfeld passiert." Außerdem gibt Weber das Versprechen, jede Stunde über eine positive Nachricht aus der Region zu berichten. Das sei gar nicht so einfach: "Es ist schon schwierig, eine am Tag zu machen." Doch das Vorhaben hat einen ganz bestimmten Zweck. Denn mit der positiven Nachricht am Ende des News-Blocks zeigen die Sender den Hörern: "Wenn du durch bist, habe ich zum Schluss etwas, das wird dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern." Das sei noch lange kein konstruktiver Journalismus, aber ein wichtiger Schritt, der Nachrichten-Verdrossenheit entgegen­zuwirken.

    Weber äußert sich bei den Themen der Woche auch zum RBB – sie sei "großer Fan" des Senders. "Der Shitstorm wurde weder der Person Patricia Schlesinger gerecht, noch ist es wahr, dass die ARD damit ihr wahres Gesicht zeigt", sagt Weber. Ihrer Meinung nach spielen auch noch immer vorhandene Unterschiede zwischen dem alten Osten und Westen eine große Rolle in dem Konflikt: "Wenn man nicht in der Zentrale sitzt, hat man das Gefühl, man wird abgehängt." Grundsätzlich sei die Problematik "sehr viel differenzierter", als sie von den Medien dargestellt worden sei. Es handele sich nicht um ein Systemversagen, sondern um ein System im Umbau.

    Nächste Woche ist Ina Tenz zu Gast. Sie ist ist Geschäfts­leiterin Audio, Strategie und Content bei ABC Communication.

  • Hören für Schreibende: "Das ist im Moment ein goldenes Zeitalter der Podcasts", ist sich Nils Minkmar sicher. Für seinen eigenen Podcast "Quoted" mit Nadia Zaboura mussten beide viel lernen und Coachings mitmachen, erzählt er im turi2 Clubraum mit Aline von Drateln und Pauline Stahl. Es sei faszinierend gewesen, dass man "das Natürliche üben muss, damit das rüberkommt". Das Lesen sieht Minkmar als "Königsweg, um etwas rational aufzunehmen", das Hören von Podcasts dagegen sei "sehr stark sozial" und biete eine "Form von Geborgenheit, in der Dinge beredet werden können".

    Bei seinen früheren Ausflügen ins "alte deutsche Radio" hat er sich angesichts "obsessiver und zwanghafter" Regeln und einer speziellen Kultur "nie heimisch" gefühlt. Podcasts seien "viel lebendiger" und es werde noch deutlich mehr ausprobiert, was das Publikum sogar schätze. Mittlerweile sei aber auch Radio etwas flexibler geworden, glaubt Minkmar.

    Seine neue Selbstständigkeit "fühlt sich wie die beste berufliche Entscheidung bisher" an, erzählt der freie Journalist, der 2021 den "Spiegel" verlassen hat: "Die neue Chefredaktion war wenig kulturaffin und konnte mit den Sachen, die ich mache, relativ wenig anfangen." In den Medien, "gerade im Feuilleton, kommt es immer auf die Personen an". Wenn man nicht harmoniere, mache eine Zusammenarbeit auch keinen Sinn. Minkmar beobachtet, dass zuletzt viele "die Freiheit und zum Teil auch die Selbstständigkeit entdeckt haben".

    Der Tod der Queen habe Minkmar "persönlich gar nicht" berührt, auch wenn es ihm Leid tue. Am spannendsten sei nun der Blick auf die Zukunft, denn er glaubt, das Königreich habe "schwere Zeiten vor sich". Dass sich Menschen stark an die eher meinungs­scheue und reservierte Queen klammern, zeige, dass etwas fehlt, so Minkmar: "Diese Hingabe und jetzt diese Trauer sind eine große Verlust­anzeige." Ihre Präsenz im Volk und bei Besuchen in allen Landes­teilen offenbare, "was Staat auch bedeutet oder wie stark sich der Staat zurück­gezogen hat in Groß­britannien".

    Nach zwei Sach­büchern hat Minkmar nun mit großem Spaß seinen ersten Roman Montaignes Katze geschrieben. Trotzdem stehe er manchmal neben sich und denke: "Hast du jetzt gerade wirklich 400 Seiten über ein Wochenende 1584 geschrieben?" In seinem Werk seien Parallelen an die heutige Zeit angelegt. Ihm sei es vor allem darum gegangen, die Geschichte zu erzählen, denn "wenn man reich werden will mit Büchern, sollte man das besser sein lassen", glaubt Minkmar.

    Nächste Woche ist die Programm-Geschäfts­führerin des Radio-Unternehmens Audiotainment Südwest Valerie Weber zu Gast.

  • Live ist live: Eine Journalistin muss nicht podcasten können, sagt Ina Karabasz, "aber wenn sie es möchte, dann kann sie es". Sie selbst wollte und hat 2018 die Leitung des Ressorts Live-Journalismus beim "Handelsblatt" übernommen. Das sei ihre beste berufliche Entscheidung gewesen, erzählt sie im turi2 Clubraum mit Björn Czieslik und Aline von Drateln – auch wenn der Job "mehr organisatorisches Prozessmanagement" sei, als man als Journalistin denke.

    Karabasz erklärt, warum Journalistinnen zwar keine Schnittchen zubereiten, aber gut selbst moderieren können: "Fragen stellen und Hintergründe recherchieren, Experten auf den Zahn fühlen, das können wir richtig gut" – und das könne man dem Publikum auch zeigen. Die größte Herausforderung sei allerdings gerade bei Wirtschaftsthemen, nicht zu viel vorauszusetzen. Das sei aber beim geschriebenen Text nicht anders.

    Auch in anderer Hinsicht greift Karabasz auf ihre Erfahrung als Textjournalistin zurück: Bei Live-Events versuche sie immer, dem Aufbau eines Magazin-Artikels zu folgen: Zuerst der Einstieg, der das Publikum abholt, dann eine Einordnung, um ein gemeinsames Wissensfundament zu schaffen, und dann strukturierte Themenblöcke, denen die Gäste folgen können.

    Natürlich laufe aber immer etwas anders als geplant. "Eine Veranstaltung ist ein lebendes Gebilde", sagt Karabasz, bei dem viele Menschen involviert seien. Angst vor Pannen habe sie jedoch nicht. Sie selbst mache beim Live-Sprechen zum Beispiel häufig Grammatikfehler, sei schon gestolpert, habe sich mit Kaffee überschüttet und einmal sei sie bei einem Video zu einem Bankengipfel plötzlich barfuß zu sehen gewesen. Schlimm findet sie das nicht. Die Hauptsache sei, dass die Unterhaltung laufe und die Informationen rüber kämen.

    Gerade Frauen empfiehlt sie, beim Moderieren Turnschuhe und bequeme Kleidung zu tragen – denn zum Glück seien Frauen heute nicht mehr nur als "Schmuckstücke" für die Veranstaltung auf der Bühne. Ihr wichtigster Tipp ist jedoch, etwas zu tun, was einem Spaß macht – egal, ob auf der Bühne oder im Podcast. Das höre man dann auch an der Stimme. Außerdem gehe es dann mehr ums Thema und die Unterhaltung werde nicht so "bro-ig" – was Karabasz als passionierte Podcast-Hörerin überhaupt nicht leiden kann.

    Nächste Woche ist Nils Minkmar zu Gast, freier Journalist unter anderem für die "Süddeutsche" und Co-Host des Medienpodcasts Quoted.

  • Podcast-König: Die große, "nicht suggerierte Nähe" zwischen Publikum und Aufnehmendem ist das, was das Medium Podcast so erfolgreich macht, sagt Micky Beisenherz im turi2 Clubraum Spezial. Während TV-Moderatoren als Privatpersonen "nicht besonders fassbar" seien, lassen sich Podcaster "bis zu einem gewissen Grad ins Herz schauen". Zudem bekommen Zuhörerinnen einen Eindruck davon "wie sie auf die Welt blicken und wie sie ihren Platz in der Gesellschaft finden". Für eine Spezial-Ausgabe des Podcasts hat sich Aline von Drateln in einem Tretboot-Schwan auf der Hamburger Alster mit dem Podcaster, Comedy-Autor und TV-Moderator über Podcast-Aufnahme und -Werbung, Status­symbole und Selbst­inszenierung unterhalten. Beisenherz, der mit Apokalypse und Filterkaffee einen der erfolgreichsten Nachrichten-Podcasts Deutschlands macht, vergesse allerdings "trotz aller Entspanntheit" nie, "dass ich mich immer in einem öffentlichen Raum befinde". Das bedeute jedoch nicht, "dass man nicht auch mal loslässt".

    Dass er mit seinem Podcast politische Entscheidungen beeinflusst, glaubt Beisenherz nicht. Er finde es besonders "gut und schön", dass seine Hörerschaft "dank dessen, was wir machen" über den Tag informiert wird "und trotzdem danach nicht den Rolladen runterlässt und sagt: 'Ich brauch ja gar nicht mehr aufzustehen.'" Seine Devise: "Wir wissen, dass die Lage beschissen ist, aber wenn wir dabei einigermaßen gut gelaunt bleiben können, dann könnt ihr das auch." Dass er "everybody's darling" ist, glaubt Beisenherz nicht: "Dafür gibt es einfach zu viele, die mich beschissen finden." Mit "Apokalypse und Filterkaffee" leiste er durch ein "breites intellektuelles Einzugs­gebiet" mittlerweile einen gewissen gesellschaftlichen Beitrag. "Das ist eine wunderbare Begegnungs­stätte", sagt Beisenherz.

    Champagner-schlürfend spricht das Duo außerdem über Gäste-Auswahl im Podcast, Shitstorms und Beisenherz verrät, wie ihn seine "Ruhrgebiets-Sozialisation" heute noch beeinflusst. Das Gespräch ist Teil der Podcast-Wochen, den Talk gibt es zusätzlich auch als Video auf turi2.de/Beisenherz. Gedruckt ist das Interview mit Fotostrecke ab 12. Oktober in der turi2 edition #19 mit dem Schwer­punkt­thema Audio zu sehen.

  • Steady as he goes: "Journalismus muss sich eine neue Daseins-Berechtigung verdienen und beweisen, dass er unabhängiger ist als andere", sagt Sebastian Esser im turi2 Clubraum. Er hat 2016 mit der Plattform Steady ein Finanzierungs-Portal für unabhängige Medien gegründet. Außerdem ist er Co-Gründer des Online-Magazins Kraut­reporter. Mit Moderatorin Aline von Drateln und turi2-Chef­redakteur Markus Trantow spricht Esser über die Zukunft des Journalismus und gibt Tipps für Neulinge im Medienbusiness. "Stellt euch vor, dass bei unseren Kindern keine Zeitung mehr auf dem Tisch liegt, sie dafür aber unfassbar viel Markenzeug um sich herum haben", sagt er. "Wenn die keine emotionale Bindung mehr an journalistische Marken haben, welche Rolle spielt Journalismus dann noch?" Esser hält "extreme Unabhängigkeit" für eine Markt­lücke. Wäre die gegeben, würden sich die Menschen dem Journalismus zuwenden, "wenn sie wirklich die Wahrheit wissen wollen".

    Aktuell denken Medien­schaffende laut Esser noch zu wenig an die Rezipienten. "Wenn ich morgens Deutschland­funk anschalte, kommt die Morgen­andacht mit entweder einem evangelischen oder katholischen Pfarrer." Ein Rabbi oder "sonst jemand, der einen anderen Hintergrund hat", komme nicht zu Wort. Das zeige, dass zum Beispiel an eine jüdische oder muslimische Hörer­schaft nicht gedacht werde. Dabei ist sich Esser sicher: "Wenn das Geld von denen kommt, für die du arbeitest, dann entsteht besserer Journalismus." Eine emotionale Ebene hält er für extrem wichtig. "Die Leute beteiligen sich an etwas, wo sie sich zugehörig fühlen." Medien schaffen eine Bindung, wenn die Menschen Fans sind – entweder von der Idee oder von der Person.

    Einsteigern im Medienbusiness rät Esser, mit dem Aufbau der Reichweite anzufangen. Der nächste Schritt sei der Newsletter, denn der "kostet nichts, außer Zeit" und ein Podcast. Wer das anbietet, "ist ein Medienunternehmen", sagt Esser. "Dann braucht man keinen Verlag und keinen Sender und wenn man das richtig macht, hat man gute Chancen, davon leben zu können."

    Nächste Woche ist Ina Karabasz zu Gast. Sie ist Leiterin des Live-Journalismus beim "Handelsblatt".

  • Spricht Geschichte: "Ich glaube schon, dass wir den Leuten helfen, die Welt in der wir leben, besser zu verstehen", sagt Richard Hemmer im turi2 Clubraum. Mit Moderatorin Aline von Drateln und turi2-Chef­redakteur Markus Trantow spricht der Historiker über Anfangs­zeit und Entwicklung seines Podcasts Geschichten aus der Geschichte. Darin redet er wöchentlich mit Co-Host Daniel Meßner in zirka einer Stunde über ein historisches Thema und erreicht damit mittlerweile fast 2 Mio Menschen monatlich. Die Inhalte weisen nicht nur das Publikum darauf hin, dass die Welt komplex ist "und es keine einfachen Antworten auf komplizierte Fragen gibt", auch Hemmer selbst habe immer wieder "Aha-Momente". Als die beiden Historiker vor sieben Jahren die erste Folge aufgenommen haben, hatten sie "keine Vorstellung davon, wie groß das wird oder wie groß wir das haben wollen". Großes Interesse an Veränderung oder gar den Gedanken aufzuhören, habe es nie gegeben. Nur die Vorbereitung dauere mittlerweile etwas länger: "Aufgrund unseres Anspruchs wollen wir mehr lesen und uns länger vorbereiten."

    Vermeintlich langweilige Themen so zu verpacken, dass die Menschen sie trotzdem interessant finden, ist ein Teil des Erfolgs, sagt Hemmer. Doch für ihn haben vor allem Regel­mäßigkeit und Beständigkeit zu einer wachsenden Zuhörer­schaft geführt: "All diese Dinge, die wir im Podcast machen, haben wir mehr oder weniger von Anfang an so gemacht." Auch die Motivation, qualitativ hochwertige Folgen abzuliefern, sei direkt da gewesen. "Wir haben uns seit sieben Jahren immer gegenseitig Druck gemacht", verrät Hemmer. "Daniel wäre enttäuscht gewesen, wenn ich meine Folge nicht vorbereitet hätte." Die Lust am Podcasten sei immer noch dieselbe, mittlerweile "mit dem Bonus, dass wir dafür bezahlt werden". Für "ein bisschen Out­branching" sei das Duo dennoch "relativ offen". Zurzeit arbeiten sie beispiels­weise an einem Buch. "Ansonsten wollen wir uns auf das Kern­geschäft konzentrieren", sagt Hemmer. "Und das ist, einmal die Woche eine Folge zu veröffentlichen."

    Seine Themen wählt Hemmer "ziemlich random" aus. Allerdings versuchen er und sein Co-Host auch eine "gewisse Sensibilität an den Tag zu legen". Ihr Podcast soll eine Art "Eskapismus" für die Menschen sein, um sich von all dem abzulenken, was gerade in der Welt passiert. Was laut Hemmer "immer funktioniert", sind Expeditionen, "vor allem, wenn sie schief gehen". Sie bedienen zum einen das Fernweh des Publikums, zum anderen haben sie einen Schicksals­aspekt: "Das berührt die Leute."

    Der turi2 Clubraum diskutiert jeden Freitag um 12 Uhr mit einem prominenten Gast die Themen der Woche. Nächste Woche ist im Rahmen der turi2 Podcast-Wochen Podcaster Journalist und Unternehmer Sebastian Esser zu Gast.

  • Kommunikations-Papst: "Wer auf Polemik mit Polemik antwortet, wird nie weiter­kommen", sagt Christian Maertin im turi2 Clubraum. Der Leiter der Unternehmens­kommunikation beim Chemie- und Pharma­riesen Bayer hat sich daran gewöhnt, dass sein Unternehmen oft kritisiert wird: "Manchmal sachlich und zurecht, in vielen Fällen extrem polemisch und unsachlich." Im Live-Podcast mit Moderatorin Aline von Drateln und turi2-Chef­redakteur Markus Trantow spricht Maertin über eine "Dialog-orientierte" Strategie, damit umzugehen. Da "nichts tun" keine Option sei, "kannst du nur mit Sachlichkeit reagieren und dem anderen den Spiegel vorhalten". Gerade in "sehr polarisierten Zeiten", wie wir sie gerade erleben, "sind Sachlichkeit, Fakten-Basiertheit und Ent­emotionalisierung in der Kommunikation der einzige Weg". In manchen Fällen müsse Maertin aber auch "die rote Linie aufzeigen" und sagen: "Bis hierhin und nicht weiter."

    Als Kommunikator ist es eine der größten Heraus­forderungen, in einer "sehr komplexen Welt" einfache Botschaften zu finden, sagt der ehemalige Journalist. Die "große Kunst der Kommunikation" sei es, Menschen mitzunehmen und ihnen "das Gefühl zu geben, dass sie ernst­genommen werden". Was ihn dabei "total umtreibt", sei eine Diskussions-Kultur, die nicht durch "inhaltliche, sachliche Argumente", sondern "rhetorische Kapriolen, Framing und Derailing" geprägt sei, um "irgendwie Debatten zu gewinnen, obwohl man keine guten Argumente hat". Bei Twitter etwa beobachte er, dass viele Menschen "nicht antizipieren" können, wie ihr Tweet beim Publikum ankommt.

    "Gruselig" findet Maertin zudem, dass Medien­schaffende häufig auf PR reinfallen oder Botschaften übernehmen. Politik­journalistinnen etwa nutzen in "ganz sachlichen Artikeln" Begriffe wie Acker- oder Bienen­gift: "Man könnte auch schreiben Pflanzen­schutzmittel", meint Maertin. Gerade wenn die absendenden Gruppen zu den "vermeintlich Guten" gehören, also NGOs, Umwelt­schützer oder Aktivisten sind, "kommen die damit relativ leicht durch".

    Der turi2 Clubraum diskutiert jeden Freitag um 12 Uhr mit einem prominenten Gast die Themen der Woche. Das Trio spricht in dieser Woche u.a. über Patricia Schlesinger und arbeitet den Fall aus Kommunikationssicht auf. "Unter diesen Rahmenbedingungen kannst du unmöglich gute und professionelle Krisenkommunikation machen", meint Maertin. Denn da gehöre vor allem Transparenz dazu. Momentan liefere den "größten Beitrag" zur Aufklärung nicht die RBB-Pressestelle, sondern die Redaktion des Senders.

    Nächste Woche ist zum Auftakt der turi2 Podcast-Wochen Podcaster Richard Hemmer zu Gast.

  • Die Welt da draußen: "Viele da draußen denken entweder, wir rennen da rein wie die Bekloppten und wissen nicht was wir tun, oder, wir trauen uns nicht so weit, wie es manch ein Zuschauer gerne hätte", sagt Welt TV-Chefmoderatorin Tatjana Ohm, die vor kurzem von ihrem Reporter-Einsatz in der Ukraine zurückgekehrt ist. Im turi2 Clubraum mit Markus Trantow und Pauline Stahl erzählt sie, wie Kriegs- und Krisenberichterstattung in der Realität aussieht. Die Korrespontenten wüssten um die Verantwortung, die sie für ihre Teams haben. Sie selbst halte es immer so: "Wenn einer aus dem Team sagt, ich gehe da nicht mehr hin, dann geht das ganze Team nicht."

    Ohm hat bereits aus diversen Kriegs- und Krisengebieten der Welt berichtet. Weil sie kein Abitur hat, zieht sie jedoch Anfang der 1990er Jahre eine Karriere als Journalistin noch nicht in Betracht. Erst während ihres Einsatzes für bosnische Flüchtlinge 1992 gibt sie mehreren Fernsehteams Interviews – und ein freier Journalist im Auftrag von RTL sagt ihr, sie müsse zum Fernsehen. Sie habe das Angebot anfangs "für eine Anmache gehalten", sagt sie. Doch der Journalist bleibt hartnäckig. Einen knappen Monat später ist Ohm auf dem Weg, um aus dem Krieg in Bosnien zu berichten.

    "Wenn die ersten Einsätze Kriegs- oder Krisenberichterstattungen sind – das bleibt, und das prägt", stellt Ohm fest. Als "blutjunge Anfängerin" trifft sie damals die Kriegsreporterin Antonia Rados, die zu einem ihrer Vorbilder wird. Dass die Reporterin vor kurzem in Ruhestand gegangen ist, ist für Ohm – trotz großem Verständnis – ein Verlust. "Antonia ist vielleicht gar nicht bewusst, welche Vorbildfunktion sie für eine ganze Generation von Frauen hat und auch noch haben wird", sagt sie. Inzwischen – mit "Ü50" – habe sie selbst keine Vorbilder mehr. Auch aus Krisengebieten hat sie lange nicht mehr berichtet, doch angesichts des Krieges in der Ukraine habe sie nicht anders gekonnt.

    Einen festen Alltag gibt es bei ihrer Arbeit vor Ort nicht. Es gibt "eine Art Gerüst", sagt sie, aber man müsse als Reporter immer damit rechnen, dass, "was immer man geplant hat, auch Unwägbarkeiten unterliegt". Sie arbeite bis zu 14 Stunden am Tag. Die Gefahr sei dabei immer zu sehen und zu hören. Manchmal habe sie ein "mulmiges Gefühl", sei aber so beschäftigt, dass es sie nicht beeinflusse: "Wenn du arbeitest, arbeitest du."

    "Die Tage haben eine gewisse Schwere", sagt Ohm auch jetzt, zwei Wochen nach ihrer Rückkehr nach Berlin, wo sie längst wieder bei Welt TV im Studio steht. Die Schwere hänge an ihren Kleidern und ließe sich nicht so einfach abschütteln. Ihr helfe, dass sie eine "robuste Persönlichkeit" habe, aber auch der Rückhalt durch Familie, Freundinnen und Kolleginnen – ihr "Netz". Dass sie erneut aus der Ukraine berichten wird, steht für sie schon fest.

    Der turi2 Clubraum diskutiert jeden Freitag um 12 Uhr mit einem prominenten Gast die Themen der Woche. Nächste Woche ist Christian Maertin zu Gast, der die Unternehmenskommunikation bei Bayer leitet.

  • Werben für Werbung: Kim Alexandra Notz, Chefin der Werbeagentur KNSK, hält ihren Beruf für "einen der abwechslungsreichsten, interessantesten, kreativsten Jobs, den man sich vorstellen kann". Im turi2 Clubraum mit Markus Trantow und Pauline Stahl wundert sie sich daher umso mehr, dass Werbe-Jobs in manchen Umfragen zu den Top 3 der unbeliebtesten Berufe gehören. Unberechtigterweise würden viele immer noch denken, es sei eine Art "Verführung von Konsumentinnen", und "irgendwie schlecht". Diesem Image entgegenzuwirken "wird eine Sisyphos-Aufgabe", glaubt Notz. Sie sei jedoch unerlässlich, denn der Fachkräftemangel treffe die Werbebranche härter als alle anderen Krisen.

    "Wir wenden zu viel Zeit dafür auf, uns Leute innerhalb der Branche gegenseitig wegzunehmen", kritisiert Notz. Wichtiger sei es, in andere Branchen zu gehen und Quereinsteiger zu ermutigen. Immerhin sei die Kreativbranche "wie gemacht für den Quereinstieg". Neben Frauen in Führungspositionen fehlen ihr auch die älteren Generationen. Die meisten Agenturen bestünden aus Leuten zwischen 20 und Ende 40. "Wo sind denn die Leute über 50?", fragt sich Notz. Gleichzeitig müssten die Agenturen ihr Hochschulmarketing verbessern. Zu viele Nachwuchskräfte wüssten gar nicht, dass es den Beruf gebe.

    Sie selbst, sagt Notz, hätte das gerne früher gewusst. Sie arbeitet lange im Verlagswesen, bevor sie 2013 mit Manfred Bissinger die Agentur Bissinger+ gründet – ihre "beste berufliche Entscheidung". Als die beiden KNSK-Co-Gründer Werner Knopf und Detmar Karpinski sie 2016 in die Führung der Agenturgruppe holen, ist sie gerade im 7. Monat schwanger. Trotzdem überlegt sie nicht lange. Zu Anfang fragt sie aber doch, was sie neben den beiden etablierten Geschäftsführern machen soll. "Erstmal nichts, Kim", sagt ihr Knopf damals.

    Sie erinnert sich an den unterschiedlichen Stil der beiden Gründer: "Sie haben die Agentur wie zwei Agenturen in einer geführt", erinnert sich sich. Sie macht es sich zur Aufgabe, die Bereiche wieder stärker zusammenzuführen. Seit 2018 ist sie Inhaberin und sieht die Agentur "auf einem guten Weg". Von sich selbst sagt sie, dass sie "Tag und Nacht über die Agentur nachdenkt". Ihre Work-Life-Balance empfindet sie trotzdem nicht als Problem, weil es ihr so gefalle, wie sie es mache. "Ich erwarte aber nicht, dass andere es auch so machen."

    Der turi2 Clubraum diskutiert jeden Freitag um 12 Uhr mit einem prominenten Gast die Themen der Woche. Nächste Woche ist Welt TV-Reporterin Tatjana Ohm zu Gast, die vergangene Woche aus der Ukraine zurückgekehrt ist.

  • Entspiegelt: "Verblüffend kalt", nennt Klaus Brinkbäumer im turi2 Clubraum seinen Abgang beim "Spiegel" 2018. Der ehemalige Chefredakteur berichtet im Gespräch mit Aline von Drateln und Markus Trantow ganz offen über seine Trennung von dem Hamburger Nachrichten-Magazin und seine Neuerfindung als MDR-Programmdirektor in Leipzig. Die geht soweit, dass die "Spiegel"-App bei ihm inzwischen "vom Schirm gerutscht" ist – "ich habe sie wirklich nicht mehr genutzt", sagt Brinkbäumer. Auf die Frage, was er gern früher über den Job des Journalisten gewusst hätte, antwortet er: "Dass Journalistinnen und Journalisten, obwohl sie sich ja nun der Wahrheitssuche verschrieben haben, gar nicht zwingend integrer oder weniger verlogen sind als andere Menschen."

    Nach der Trennung vom "Spiegel" 2018 zieht Brinkbäumer nach New York. "Bewusst, um Abstand zu nehmen", erzählt er heute. In seiner Zeit dort bekommt er einen Sohn, außerdem entstehen zwei Bücher, ein Film, sein Podcast "Ok, America?" und verschiedene Texte für "Zeit" und Zeit Online. Dabei hat er vor allem den Zustand der amerikanischen Medien und der Gesellschaft im Blick – und stellt fest, dass Medien wie Fox News die Spaltung sogar herbeiführen, weil sie von ihr profitieren: "Dass in Amerika öffentlich-rechtliche Medien fehlen bzw. nicht so finanziert sind, dass sie durchdringen können, ist Teil des amerikanischen Problems." In dieser Phase nimmt Brinkbäumer Kontakt zur ARD auf. "Das passte sofort", erinnert er sich. Diese Erfahrung habe auch seine Meinung über den Rundfunkbeitrag verändert. Früher habe er kritischer darüber geredet, inzwischen halte er die Öffentlich-Rechtlichen für "überlebenswichtig" für eine demokratische Gesellschaft.

    In seiner Rolle als MDR-Programmdirektor fühlt er sich inzwischen gut angekommen – auch wenn es anfangs schwierig war, "in der Pandemie in ein Haus zu kommen, das wirklich völlig verwaist ist". Er sei am Anfang vielleicht sogar zu still gewesen, weil er er erst einmal habe verstehen müssen, was wie funktioniert. Inzwischen ist er aber "längst voll und ganz hier", sagt er und schwärmt von der jungen Literatur- und Theaterstadt Leipzig und dem Neuseenland, wo er gelegentlich mit dem Segelboot unterwegs ist. Er liest täglich die "Leipziger Volkszeitung" – die sei wirklich gut – und selbst für den RB Leipzig kann sich der eingefleischte St.-Pauli-Fan begeistern. Zu sächseln begonnen hat er jedoch bewusst nicht: "Diese wunderbaren Ausfärbungen der deutschen Sprache zu imitieren, sollte man sein lassen."

    Um seine Rolle in dem "nicht unterkomplexen Gebilde" des MDR zu erklären, muss Brinkbäumer weiter ausholen. Wesentlich sei aber das Programm-Machen und das Entscheidungen-Treffen. Letzteres bezeichnet er selbst als ein Talent, das ihm der Leistungssport anerzogen habe: "Da muss man im Sekundentakt Entscheidungen treffen, und ich liebe das." Dass es beim MDR mehr Bürokratie gibt als bei einem Privatmedium wie dem "Spiegel", findet Brinkbäumer "schlicht angemessen": "Wir müssen mehr Rechenschaft ablegen, was wir mit dem Geld machen. Zu recht, denn es ist nicht unser Geld." Einige der Erfahrungen aus seiner "Spiegel"-Zeit kann er dennoch übertragen: "Dass wir die Kraft und Konzentration wirklich auf das eigentliche lenken und uns nicht verrückt machen sollten durch den ganzen Lärm drumherum." Darin unterscheide sich seine neue Arbeit gar nicht so sehr vom "Spiegel".

    Der turi2 Clubraum diskutiert jeden Freitag um 12 Uhr mit einem prominenten Gast die Themen der Woche. Nächste Woche ist KNSK-Chefin Kim Alexandra Notz zu Gast.

  • Quoten-Queen: "Corona war ein richtiger Booster" und hat die Nutzung von Plattformen wie Netflix und Joyn "getriggert", sagt Kerstin Niederauer-Kopf im turi2 Clubraum. Die Vorsitzende der Geschäfts­führung bei der AGF Video­forschung beobachtet, dass es sich dabei insbesondere um die "mittelalte" Zielgruppe handelt, die an der Schwelle von analogem zum digitalen Zeitalter liegt und "beide Welten mitbekommen hat". Im Gespräch mit turi2-Moderatorin Aline von Drateln und turi2-Chefredakteur Markus Trantow erklärt sie, dass diese Generation noch eine "relativ hohe" klassische TV-Nutzung hat, ihr Angebot aber mittlerweile auch auf den Plattformen findet. Spannend sei demnach, wenn etwa Amazon Prime Rechte an der Champions League erwerbe: "Dann folgt der Fußball-Liebhaber natürlich seinem Content", sagt Niederauer-Kopf. Zwar werden Streaming-Dienste wie Netflix oder Wow nicht bei der AGF gemessen, dennoch "haben wir Tricks und Kniffs", auch über die Plattform-Nutzung einen Überblick zu bekommen. Eine Mess-Router-Technologie ermögliche die Quell-Ermittlung – die AGF sehe dann, welcher Streaming-Dienst genutzt wird.

    Eine einheitliche Messung von TV, Video, Streaming und Display ist deshalb "so ein dickes Brett, weil wir uns über den Teller­rand hinaus bewegen", sagt Niederauer-Kopf. Die AGF sei für TV und Video zuständig, jedoch gebe es auch Omni-Channel-Marken wie RTL oder "Bild" mit klassischen Print­titeln und einem Fernseh­angebot. Von dort höre die Fernseh-Forscherin häufig: "Weist mir das mal ganzheitlich aus und auch aus einem Guss". Die Herausforderung dabei: "Im Digitalen haben wir andere KPIs als im TV." Während beim TV Metriken wie die Seh­beteiligung zählen, "ist das etwas, das man aus der Digital­welt nicht kennt". Für Niederauer-Kopf besteht die Aufgabe also darin, "den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden", um die Zahlen miteinander vergleichen zu können. Auch Plattformen wie YouTube oder Amazon Prime gehören zur Auswertung der Ziel­gruppen-Verteilung dazu, "aber wir können ja niemanden in die Messung zwingen".

    Grundsätzlich geht es immer darum, "dass die Zusammen­setzung der Stichprobe stimmen muss", erklärt Niederauer-Kopf. Dafür brauche sie von jeder sozio-demographischen Struktur einen Anteil, damit die Video­forschung "nicht nur ein Stück des Bevölkerungs-Kuchens unter die Lupe nimmt".

    Der turi2 Clubraum diskutiert jeden Freitag um 12 Uhr mit einem prominenten Gast die Themen der Woche. Nächste Woche ist der MDR-Programmchef Klaus Brinkbäumer zu Gast.

  • Tutor mit Furor: "Wir haben uns in Deutschland ein System gebaut, in dem keiner verantwortlich ist, dass es mit Bildung besser wird", sagt Stephan Bayer im turi2 Clubraum. Der Chef der Lern­plattform Sofatutor (https://www.sofatutor.com/) findet es unangenehm zu sehen, wie bei Erscheinen eines negativen neuen Reports zu Bildungs­trends die Verbände "ausflippen" und sich die Schuld zuschieben, ohne dass jemand fragt: "Wie fixen wir das jetzt?" Die Unlust auf Struktur­diskussionen in Sachen Bildung "fuckt mich echt hart ab", lässt Bayer im Gespräch mit Aline von Drateln und Markus Trantow wissen.

    Dass fach­fremde Lehr­kräfte jetzt auch noch Medien­kompetenz vermitteln sollen, gefällt Bayer nicht. Hier wünscht er sich Extra-Angebote, z.B. in Form von Projekt­schul­tagen. Auch die in Berlin wieder­eingeführte Verbeamtung von Lehr­kräften, sieht er kritisch: Studien würden belegen, dass die damit verbundenen Privilegien nicht der richtige Anreiz seien, um Bildung zu verbessern. Aus Unternehmer­sicht sagt er: "Ein bisschen Druck, auch abzuliefern, sollten wir uns alle ausliefern." Das Grund­problem in der Bildung sei jedoch klar ein Fach­kräfte­mangel. Der Job müsse einen höheren Status bekommen und attraktiv werden. Bayer berichtet, dass Fach­kräfte "bei Sofatutor Schlange stehen und sagen: 'Holt mich aus dem Lehrerberuf raus'".

    Bayers Weg vom Soziologen und Politologen mit Alpaka-Pullover ins einstige "Feindbild Unternehmer" war kein leichter. Es habe ihn "viele Jahre gekostet, diese falsche Überzeugung abzuschütteln, dass Unternehmertum Kommerz sein muss". Sofatutor benutzt den Begriff Startup vor allem für Kommunikations­zwecke, erläutert Bayer weiter. Die Firma sei schon vor Corona profitabel und eher "digitaler Mittel­ständler" gewesen, daher "verdoppelt so eine Pandemie nicht mal eben das Geschäft" und sei "nicht der totale Gamechanger". Für die Relevanz der täglichen Arbeit des Teams sei Corona jedoch "richtig krass" gewesen. Alle Welt, inklusive Angela Merkel, habe sich plötzlich für die Firma interessiert.

    Das Werbegeld von Sofatutor fließe vor allem in Mainstream-Medien, wo dann aber sehr gezielt auf das Targeting geachtet werden müsse. Ziel­gruppen­spezifische Medien­angebote seien für die Zwecke der Firma häufig zu klein, für Fernseh­werbung wiederum sei das Angebot "zu nischig". Zudem bespiele Sofatutor "zwei Dutzend Kanäle", jeweils mit einzelnen Channel Managern – von Google und YouTube über Social Media-Plattformen bis zum kürzlich getesteten Out of Home. Dass Kinder aus bildungs­ferneren Haushalten durch sein Direct-to-Consumer-Geschäfts­modell ausgeschlossen sein könnten, treffe ihn "ins Herz". Hier sei das System "noch nicht optimal". Daher träume er davon, noch mehr mit Schulen zusammenzuarbeiten.

    Der turi2 Clubraum diskutiert jeden Freitag um 12 Uhr mit einem prominenten Gast die Themen der Woche. Nächste Woche ist Kerstin Niederauer-Kopf zu Gast. Sie ist Vorsitzende der Geschäfts­führung bei der AGF Videoforschung und liefert mit ihren Quoten die Bemessungs­grundlage des Erfolgs eines ganzen Medien­zweigs.

    Shownotes:
    Neue Bilder aus dem All: https://t3n.de/news/qualitaet-james-webb-teleskop-jwst-zeitreise-termin-bilder-fotos-erste-galaxien-1483565/
    Blame Game im Bildungswesen nach Corona: https://www.spiegel.de/panorama/bildung/iqb-bildungstrend-streit-um-ursachen-fuer-desastroese-schuelerleistungen-a-255210ec-bdf6-470e-99c4-84a9d34016d7
    Berlin verbeamtet Lehrkräfte wieder: https://www.spiegel.de/panorama/bildung/personalnot-an-schulen-berlin-verbeamtet-seine-lehrerinnen-und-lehrer-erstmals-wieder-a-77d393c6-f0fe-4d9a-a74a-8a726d351bdf

    Julian Reichelts Video-Comeback: https://www.turi2.de/aktuell/julian-reichelt-startet-eigene-youtube-show/

    Bei der Klitoris versteht die ARD keinen Spaß: https://www.turi2.de/aktuell/basta-die-ard-versteht-bei-der-klitoris-keinen-spass/

  • Tech-Talker: Seit dem Amtseintritt von Präsident Joe Biden hat sich in den USA nicht viel verändert, resümiert Marcus Schuler im turi2 Clubraum. Er habe die Bevölkerung "eher enttäuscht, die Leute sind ernüchtert". Schuler berichtet seit 2017 als ARD-Korrespondent für TV, Radio und Online aus dem Sillicon Valley. Im Gespräch mit Moderatorin Aline von Drateln und turi2-Chef­redakteur Markus Trantow sagt er, dass sich die "Feindseligkeiten im Parlament zwischen Republikanern und Demokraten" auch in der Medien­landschaft widerspiegeln. Vor allem große TV-Sender und Zeitungen wie die "Washington Post" und "New York Times" hätten versucht, während der Trump-Regierung "eine hohe Neutralität zu wahren". Doch ebenso wie in der politischen Landschaft seien die "Gräben" geblieben. Seine Tätigkeit als Korrespondent sieht Schuler nach wie vor als "Traumjob", denn "es wird nie langweilig".

    Dennoch beunruhigen den gebürtigen Stuttgarter aktuelle Entwicklungen in seiner Wahl-Heimat – etwa der Umgang mit der LGBTQ-Community in manchen Staaten oder das Abtreibungs­verbot. Es gehe die Angst um, dass Straf­verfolgungs­behörden nun Frauen ausfindig machen können, die abgetrieben haben oder abtreiben wollen. Das gehe zum Beispiel, indem sie "zu den Googles und Facebooks hinmarschieren" und nach dem Reiseverlauf einer Frau fragen. Treibe diese nämlich in einem Staat ab, wo es legal ist, könne sie in einem anderen Staat, wo es illegal ist, verklagt werden, erklärt Schuler. Er und viele andere Menschen in den USA wundern sich jedoch, dass Google und Meta in den vergangenen Tagen verschwiegen haben, was sie mit den gesammelten Daten machen, "wenn ein Staatsanwalt aus Texas kommt und danach verlangt".

    Als Journalist ist der Zugang zu Informationen nicht bei allen Tech-Unternehmen einfach, erzählt Schuler. Während Apple "relativ offen" sei und er regelmäßig zu Presse-Veranstaltungen eingeladen werden, "kommt man bei Google oft nur durch Vitamin B weiter". Das Unternehmen sei in den vergangenen Jahren verschlossener geworden. Grundsätzlich beobachtet Schuler in den USA jedoch eine "Coolheit, Lockerheit und Offenheit" im Umgang mit der Presse. Auch sei das Land sehr schnell, wenn es um die Umsetzung neuer Ideen, Startups und Technologien geht: "Wir können nach wie vor davon lernen."

    Der turi2 Clubraum diskutiert jeden Freitag um 12 Uhr mit einem prominenten Gast die Themen der Woche. Nächste Woche ist Stephan Bayer zu Gast. Er ist der CEO der Online-Lernhilfe Sofatutor.

  • It's all about money: "Frauen müssen begreifen, dass sie Gleich­berechtigung nicht bekommen, solange sie finanziell nicht unabhängig sind", sagt Mirna Funk im turi2 Clubraum. Die Journalistin und Autorin hat im Mai 2022 ihr Sachbuch Who Cares! Von der Freiheit, Frau zu sein veröffentlicht, in dem sie u.a. Frauen kritisiert, die sich finanziell auf ihren Partner verlassen und nicht selbst arbeiten gehen. Funk ist selbst allein­erziehende Mutter einer Tochter, erzählt sie im Gespräch mit Moderatorin Aline von Drateln und turi2-Chef­redakteur Markus Trantow. Vor allem Frauen in West­deutschland säßen einem "national­sozialistisch geprägten Muttermythos" auf. Um Gleich­berechtigung zu erreichen, plädiert Funk dafür, nicht nur auf die Politik zu warten. Auch das Individuum müsse "die Realität in die Arbeitswelt" tragen. Funk hätte sich vor drei Jahren noch der "Woke-Bubble" zugeordnet, habe inzwischen aber eine "180-Grad-Wendung" hingelegt.

    Der "Cluster-Fuck der Documenta" diese Woche hat Funk, die selbst Jüdin ist, eher amüsiert. Dass die Kunstausstellung ein anti­semitisches Werk gezeigt hat, habe niemanden in der jüdischen Community überrascht. Was auf der Documenta passiert ist, sei in der Kunstwelt seit vielen Jahren "Normalität". Ihre Erwartungen an die Macherinnen der Documenta sind "ganz begrenzt". Selbst­reflexion erwarte sie nicht, denn "die hat im Vorfeld schon gefehlt". Es müsse politische Konsequenzen geben, von Boykott oder "Cancelation" halte sie aber nichts. Auch nicht davon, jetzt "im Rahmen der Empörung" zu handeln und etwa Kultur­staatsministerin Claudia Roth ihres Amtes zu entheben.

    Geärgert hat Funk, dass sie "schon wieder" ihre Wohnung in Berlin vermieten muss, um sich einen Urlaub leisten zu können. Kunstschaffende und Intellektuelle würden in Deutschland "unglaublich schlecht bezahlt". Grund dafür sei, eine "absurde Vorstellung", dass diese Tätigkeiten ohne ein markt­wirtschaftliches System funktionieren müssten. Aber: "Niemand kann sich vom Denken ein Brot kaufen", kritisiert Funk.

    Nächste Woche ist Silicon-Valley-Korrespondent Marcus Schuler im turi2 Clubraum zu Gast. Aufgrund der Zeitverschiebung beginnt der Live-Podcast bereits am Donnerstag um 17 Uhr.